Leitfaden zur Realisierung von Rohbiogas-Sammelleitungen in der Praxis
Für viele Biogasanlagen laufen in den nächsten Jahren die garantierten 20 Jahre EEG-Vergütung aus oder sind schon ausgelaufen und viele Betreiber suchen nach wirtschaftlichen Weiterbetriebsoptionen für ihre Biogasanlagen. Der Zusammenschluss mehrerer Biogasanlagen über eine Rohgassammelleitung und Zuführung des Rohbiogases zu einer zentralen Verwertungseinheit bietet viele Vorteile in Bezug auf Skalierungseffekte, verringerte Investitions- und Betriebskosten, verringerte Einzelrisiken, höhere Schlagkraft und volkswirtschaftlich deutlich verringerte Gemeinkosten durch Netzanschlüsse von Biogasaufbereitungsanlagen.
Nicht jede Biogasanlage bzw. nicht jede Region eignet sich zur Bündelung von Rohgasvolumenströmen. Neben der geografischen Lage und dem Abstand der Biogasanlagen zueinander sind der tatsächlich frei verfügbare Biogasvolumenstrom und der zeitliche Planungshorizont der einzelnen Betreiber ein wichtiges Kriterium für die erfolgreiche Umsetzung der Rohgasbündelung. Auch die Verfügbarkeit einer sinnvollen zentralen Verwertung über eine Biogasaufbereitungsanlage am Erdgasnetz, ein Wärmenetz mit hohem Grundlastbedarf, ein Industrie- oder Gewerbebetrieb mit hohem Energiebedarf oder eine KWK-Anlage sind eine wichtige Voraussetzung, um eine Rohgassammelleitung erfolgreich umzusetzen.
Sobald sich mehrere Betreiber mit dem gleichen Interesse an einer Bündelung ihrer Biogasmengen zusammengetan haben, stellen sich verschiedene Fragen hinsichtlich der Kostenaufteilung von Investitions- und Planungskosten sowie der notwendigen Vertragsunterlagen. Die Wahl des Betreibermodells ist eine zu Anfang der Planung zu klärende zentrale Frage: sowohl die Planung und Errichtung des Biogasleitungssystems und der Verwertungseinheit durch einen Betreiber oder Investor als auch durch eine separat gegründete Gesellschaft durch alle beteiligten Biogasanlagenbetreiber stellen Möglichkeiten zur Umsetzung des Projektes dar. Auch die rechtliche und gesellschaftliche Trennung von Biogasleitungssystem und Verwertungseinheit und Errichtung durch die Gesamtheit der Biogasanlagenbetreiber, einen einzelnen Anlagenbetreiber oder einen dritten Investor sind praktisch umsetzbar. Nach der Wahl des Betreibermodells sind verschiedene Verantwortlichkeiten, Kostenteilungen und Lieferbeziehungen vertraglich zu regeln. Eine zentrale Rolle spielt hierbei der Liefervertrag für das Rohgas an die Verwertungseinheit, in welchem neben Mengenkorridoren, Preisen, Verfügbarkeiten, Gasqualitäten, technischen Parametern auch die Regelungen zur Erbringung von Nachweisen hinsichtlich der Qualitäten von erzeugtem Strom, Wärme, Kraftstoff oder Biomethan durch die Verwertungseinheit fest vereinbart werden. Daneben sind Verträge für Gestattungen von Hindernissen wie Bahntrassen oder Straßen durch die Rohgasleitung, Gesellschaftsverträge, Netzanschluss- und Anschlussnutzungsverträge, Dienstleistungs- und Finanzierungsverträge notwendig.
Der Leitfaden soll neben all den oben genannten Fragestellungen auch zu technischen Fragen zur Errichtung der Rohgasleitung anhand von Beispielen aus der Praxis Antworten geben. Die Komponenten von der Kühlung und Entschwefelung über die Messeinrichtungen und Rohgasleitung bis zum Speicher vor der Verwertungseinheit können je nach Region, Größe des Netzes und der Art der Verwertungseinheit variieren. Daneben sind in der Planung und Genehmigung in den meisten Fällen Hindernisse wie Bahnschienen, Straßen oder Flüsse zu queren. Dazu sollen verschiedene Hinweise aus Praxisbeispielen und Verweise auf Ansprechpartner unterstützen. Eine Beispielrechnung zur Wirtschaftlichkeit zum Zusammenschluss mehrerer Anlagen gegenüber Einzelprojekten macht den Vorteil der Rohgasbündelung deutlich. Hinweise zur Finanzierung sowie die Besonderheiten bei der Bilanzierung und Zertifizierung sind weiterhin Thema des Leitfadens.
Das Vorhaben wurde gefördert durch den Freistaat Thüringen, das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft und die Thüringer Aufbaubank.
Den Leitfaden können Sie hier herunterladen: Link